Einfach mal vergessen, heim zu gehen……

Tagesaktualität © Liz Collet

Tagesaktualität © Liz Collet

hat Robert McDonough, 73 Jahre alt. Als – Timing is all – 14 Stunden später ein TV-Team vor seinem Haus darüber berichten wollte, schlenderte er durch’s Bild. Erst nicht gleich erkannt vom Reporter. Der Bericht mit Video dazu und der Szene (und einer köstlichen Mimik des Reporters!!) hier.

Der Hintergrund solcher Fälle ist natürlich beileibe ernst. Wer mit Demenzpatienten beruflich oder privat zu tun hat, weiss, dass es nicht nur, aber natürlich in den Anfangsphasen der Demenzerkrankung und im Besonderen vor einer Diagnose der Erkrankung nicht selten zu eben solchen Erlebnissen kommen kann. Und dass es  auch und besonders für Angehörige, die sich um Patienten in eigenen vier Wänden um sie kümmern, weil und bevor Phasen stationärer Pflege noch nicht erreicht oder gewünscht sind, hierbei extrem belastender Dauersituation ausgesetzt sind, wenn sie fürchten müssen, dass ihr Familienmitglied das Haus verlässt, ohne dass sie es bemerken. Selbst bei noch so sorgsamer Achtsamkeit, den Angehörigen nicht aus den Augen zu lassen und bereits während ambulanter Pflegeunterstützung. Oder die Sorge, dass dieser dann  nicht wieder zurückfindet.

Das erste Mal, dass mir derlei Erfahrungen von Angehörigen geschildert wurden, war gleich im ersten Jahr meiner anwaltlichen Tätigkeit. Als ein Anwaltskollege mich bat, die Betreuung seines Schwagers rechtlich zu übernehmen. Und mir dazu schilderte, dass seine Schwägerin und Ehefrau des Patienten nicht mal mehr zu schlafen wage, weil sie tagsüber wie nachts mehrfach erlebt habe, dass dieser die Wohnung heimlich verlasse, während sie zB im Badezimmer sei. Oder dass der Ehemann nachts wach werde und während ihres Schlafes schon versucht habe, Reisszwecke oder Büroklammern  zu schlucken, was von ihr in letzter Minute bemerkt wurde, weil sie ebenfalls zufällig erwachte. Dass es nichts helfe, alles wegzuschliessen, selbst den Türschlüssel, weil er diesen dann dennoch finde. Dass sie die Küchentüre nachts verschliesse, weil sie Sorge wegen des Gasherdes habe. Und anderes mehr.

Die Übernahme der Betreuung lehnte ich seinerzeit ab, aus mehreren Gründen. Darunter war nur einer der Gründe, dass ich schon wegen der geschilderten Gefahren und Verhaltensweisen des Patienten das Stadium für weit überschritten erhielt, in welchem jener Patient noch im familiären Umfeld sicher zu betreuen gewesen wäre. Erst recht durch die Ehefrau im Alltag allein. Was die Familie aber unbedingt wollte, weil (selbst der anwaltliche Kollege) aus Scham und um die Erkrankung „nicht ausserhalb der Familie bekannt werden zu lassen“ unbedingt fortsetzten wollte und keinesfalls durch Bestellung anderer Betreuer (wie zB durch Gericht etc) auch nur dort bekannt werden lassen wollte. Sicher nicht ohne auch Erwartung und Hoffnung, bei einer (und erst recht noch jungen Kollegin) mehr Einfluss auf die Betreuung und deren Entscheidungen nehmen zu können, als bei einem fremdem Betreuer. Und zugleich scheuend, dass einer aus der Familie selbst die Betreuung auch verantwortlich dafür übernehmen würde und auch tragen.

Gerade das Weglaufen von Patienten ist mir später bei anderen Fällen, aber auch die Scham von Angehörigen, dass das Umfeld von solchen Erkrankungen  oft später noch begegnet, auch bei Angehörigen, die selbst Berufe ausüben, bei denen man eine sachliche, professionellere und schamfreiere Haltung dabei vermuten würde, wie Juristen, Ärzten und Psychologen, erst recht, wenn diese selbst beruflich sonst mit solchen Patienten sogar zu tun haben.

Über Liz Collet

Photographer, Author, Foodstylist, Jurist
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