3-fach höheres Risiko für Organtransplantierte, an Krebs zu sterben

Rezeptpflicht © Liz Collet, Arzneimittel, Arzneimittelverschreibung

Rezeptpflicht © Liz Collet

Es ist mitnichten eine neue Erkenntnis, die erhöhten Risiken einer Krebserkrankung bei Menschen nach Organtransplantationen und dass diese deutlich häufiger an Krebs als der Rest der Bevölkerung sterben ist seit vielen Jahren nicht nur Thema von Kongressen der Transplantationsmedizin und anderer medizinischer Kongresse und Veröffentlichungen.

Einer der Gründe dafür ist die grundsätzlich lebenslange Immunsuppression nach Transplantation, welche auch die körpereigene Abwehr gegen Krebserkrankungen reduziere. Wie (auch von mir) vielfach dargelegt, hat  dies Folgen für  Art, Inhalt und Umfang der Aufklärungspflichten des Arztes gegenüber dem Patienten, kann Einfluss auf Indikation zur Anmeldung als Patient auf die Warteliste (Erfolgsaussichten, Dringlichkeit), Verbleib auf dieser und für Vermittlung von Organen und natürlich über die erforderlichen Nachsorge haben nach der Organtransplantation. Je nachdem, ob eine Krebserkrankung bereits Anlass für die Überlegung einer Transplantation ist, bestimmen diese und Risikoerhöhung durch erneute oder weitere Krebserkrankungen die Indikation, die Erfolgsaussicht, die Dringlichkeit und die Aufklärung mit. Sie können – wie von mir unter anderem bereits beim „Novartis German Summit Meetings“ in Basel zur Transplantation im neuen Millenium und weiteren Vorträgen wiederholt dargelegt – nicht nur in der Nachsorge eine Rolle einnehmen, sondern bereits im Vorfeld der Transplantation. Und erneut nach dieser, weil sie (auch, aber nicht nur) bei Transplantatversagen oder durch weitere Erkrankungen (auch Krebserkrankungen) Einfluss auf den Erfolg der Transplantation nehmen und u.U. eine weitere Transplantation oder andere Behandlungen erfordern kann. Oder mit dem Risiko der Krebserkrankungen Sinn und Nutzen einer Transplantation überhaupt in Frage stellen.

Hierzu gehört auch die ebenfalls länger thematisierte Tatsache, dass Medikamente auch die Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern erhöhen, welche Krebs auslösen können oder bei denen dies wissenschaftlich mindestens vermutet und für wahrscheinlich gehalten wird.

Eine soeben veröffentlichte bevölkerungsbasierte  Studie in JAMA Oncology (2016; doi:10.1001/jamaoncol.2015.5137) zeigt auf, dass es besonders häufig zu Krebserkrankungen mit einem infektiösen Hintergrund komme.

Die jetzt von Nancy Baxter von der Universität Toronto ermittelten Daten fallen erheblich drastischer aus, als erwartet.

Sie erfasste die Daten  von 11.061 Bewohnern des Teilstaates Ontario, welche zwischen 1991 und 2010 eine Organtransplantation erhielten.

Von diesen verstarben bislang 3.068, davon 603, also etwa jeder fünfte, an Krebs. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ist dies eine standardisierte Mortalitätsrate (SMR) von 2,84 (95-Prozent-Konfidenzintervall 2,61-3,07).

Organtransplantierte haben demnach ein fast dreifach erhöhtes Risiko an Krebs zu sterben.

Zwar ist zu berücksichtigen, dass unter diesen Todesfällen auch Menschen sind, die bereits vor der Organtransplantation an Krebs litten. In einigen Fällen, etwa bei einem hepatozellulären Karzinom ist der Krebs sogar der Grund für die Transplantation. Werden diese Fälle aus der Analyse herausgenommen, sinkt die SMR aber nur auf 1,93 (1,75-2,13). Damit ist das Risiko also  immer noch zweimal höher als in der Allgemeinbevölkerung.

Eine wichtige Ursache sind laut Baxter Infektionen mit krebsauslösenden Bakterien oder Viren.

  • Zur langen Liste dieser „Krebserreger“ gehören u.a. humane Papillomaviren, die Krebserkrankungen am Gebärmutterhals, dem männlichen und weiblichen Genital, Anus, Mundhöhle und Rachen, Speiseröhre, Kehlkopf, Auge und möglicherweise auch nicht-melanotische Hautkrebse auslösen.
  • Helicobacter pylori ist für Magenkrebs verantwortlich,
  • Hepatitis B und C Viren lösen das Leberzellkarzinom aus.
  • Das Humane Herpesvirus 8 ist der Erreger des Kaposi Sarkoms
  • und Morbus Hodgkin und Non-Hodgkin-Lymphom werden mit dem Epstein-Barr-Virus in Verbindung gebracht.

An diesen genannten Krebserkrankungen starben die Organtransplantierten 6,47-fach (5,76-7,25) häufiger als die Allgemeinbevölkerung. Addiert man die Patienten, welche an vorbestehenden Krebserkrankungen sterben, heraus, ist das Risiko immer noch um um den Faktor 3,74 (3,21-4,34) erhöht

Quellen:

Bild: Rezeptpflicht © Liz Collet

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