„Fertility Benefits“: Ein nicht so ganz altruistisches Angebot des Pharmakonzerns Merck an seine Beschäftigten | Fruchtbarkeitsbehandlungen

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Elternteilzeit © Liz Collet

It’s not a Sony-Baby, it’s Merck’s new Baby in the market of workplace perks. Sounds as fine as an accustic masterpiece for empolyees – but cave! There are traps behind altruism You might not be aware at first sight. So könnte man neckisch einleiten, was jüngst über das Pharmaunternehmen Merck und seine Presseinformationen als Angebot an seine (künftigen) Mitarbeitenden und deren Partner in crime, pardon: Partner in wishing to become parents bekannt wurde. Und was bei anderen Unternehmen teils schon offeriert wird, wenn auch nicht hierzulande.

Mitte Oktober berichtete BBC hier in einem Beitrag darüber, wie Fruchtbarkeit zum Aspekt der Arbeitsplatz-Vergünstigungen wurde.

Tatsächlich ist es erstaunlich, dass Unternehmen seit den Zeiten, als Baby und Schwangerschaft bei Sony – in wohlgeformte Ermutigungen zur Auszeit der werdenden Mutter ins Karriere-Aus hinaus gekleidet, aber – zu karriereknickenden Lebensereignissen für Frauen wurden. Sehr langjährige Leser meines Blogs erinnern sich noch immer erheitert des damaligen Beitrags von mir  Was wird’s ? … Egal, einfach freuen, it’s a Sony, Baby…… über den Fall der Sony-Mitarbeiterin, der man anstelle einer erfolgreichen Beförderung auf eine von ihr angestrebte Stelle des bisherigen Vorgesetzten riet, sie solle sich doch lieber auf ihr Kind freuen – derweil man die Stelle an einen Mann vergab.

Nicht dass sich de facto seither alles geändert hätte. Aber mutet es nicht dennoch auf den ersten Blick erstaunlich an, dass Unternehmen sogar die Kosten von Fertilitätsbehandlungen ihrer Mitarbeiter als Benefit anbieten?

Böse, ja nachgerade niederträchtige Zungen könnten wispern, dies sei ein perfider neuer Weg, Frauen aus dem Beruf, dem Arbeitsplatz geradezu wegzufinanzieren, indem man ihnen sogar noch ermögliche, schwanger zu werden, wo es medizinische Hürden der natürlichen Schwangerschaft und bei jenen die nicht unerheblichen finanziellen gebe. Es lohnt daher durchaus einen kritischen Blick auf die Familienverträglichkeit der Arbeitsplatzbedingungen im Übrigen in eben jenen Unternehmen zu werfen – und insbesondere auf die Situation von Frauen und deren Karrierechancen vor, während und nach einer Schwangerschaft bei einem oder mehreren Kindern. Und darüber hinaus, wie jene für Männer sind, die als Väter Erziehungsurlaub, Arbeitszeitanpassungen wegen Kinderbetreuung und freie Tage zusätzlich zum üblichen Urlaub wegen Erkrankung des Kindes oder der Kinder nehmen. Und wie hoch beider jeweiliger Anteil in diesen Firmen ist. Beziehen wir dabei gern auch Patchworkfamilien mit ein, bei denen auch Mitarbeiter aus verpartnerten und unverheirateten Paare neben Ehepartnern solche Benefits pro Kind und Familie beanspruchen und wie diese sich auf Karriere und alltäglichen Umgang mit ihnen auswirkt? DAS wären dann nämlich sehr interessante Aspekte, ehe man allein die vorgebliche oder vielleicht nur vermeintliche Familienförderung und -Freundlichkeit von Unternehmen beklatscht, die mittlerweile dann sogar so weit in die Fürsorglichkeit des Wohlbefindens von Mitarbeitern reicht, ihnen Fertility Benefits zu gewähren. Nicht vertieft werden kann hier, ob und wie diese steuerlich bei Mitarbeitenden oder deren Partnern behandelt werden – das könnten Steuerexperten thematisieren.

Ein solches Unternehmen ist nun auch das Darmstädter Unternehmen Merck, ein führendes Wissenschafts- und Technologieunternehmen. Dort startet im Oktober 2023 ein umfassendes Programm, um Mitarbeitende bei der Kinderwunschbehandlung finanziell zu unterstützen. Das Programm wird zunächst in acht Märkten eingeführt: Deutschland, Großbritannien, Schweiz, China, Indien, Taiwan, Brasilien und Mexiko. Ein ähnliches Angebot gibt es bereits für Mitarbeitende in den USA, in Kanada sowie Japan. Das Angebot soll ab dem kommenden Jahr auf weitere Länder ausgeweitet werden. In der Presseerklärung des Unternehmens vom September lesen sich die Informationen des Unternehmens dazu so:

„Als langjährig führendes Unternehmen und Pionier auf dem Gebiet der Fertilität wissen wir um die enorme emotionale und finanzielle Belastung, die Unfruchtbarkeit für die betroffenen Menschen und Familien darstellen kann. Wir freuen uns deshalb sehr, unsere Mitarbeitenden mit dem „Fertility Benefits“-Programm bei der Erfüllung ihres Kinderwunschs unterstützen zu können. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie Merck seine Belegschaft in den Mittelpunkt stellt und eine Unternehmenskultur fördert, in der sich alle zugehörig fühlen, wachsen und sich weiterentwickeln können“, sagte Belén Garijo, Vorsitzende der Geschäftsleitung von Merck.

Das neue „Fertility Benefits“-Angebot für Merck-Mitarbeitende gilt unabhängig von deren Familienstand und kann auch von der jeweiligen Partnerin oder dem Partner in Anspruch genommen werden. Abgedeckt ist eine Reihe von Leistungen, wie zum Beispiel Fruchtbarkeitstests, In-Vitro-Fertilisationsbehandlungen oder Hormontherapien.¹ Neben der finanziellen Entlastung unterstützt Merck Mitarbeitende mit unerfülltem Kinderwunsch auch mit Informationsangeboten rund um das Thema Fruchtbarkeitsstörungen.

Merck blickt auf Jahrzehnte an Erfahrung im Bereich Fertilitätsmedizin zurück. Das Unternehmen ist heute weltweiter Marktführer von Therapien für die Fertilitätsbehandlung. Aktuellen Schätzungen zufolge wurden dank der Produkte von Merck bereits mehr als fünf Millionen Kinder geboren. Diese Zahl entspricht etwa der Hälfte aller Kinder, die seit der Geburt des ersten durch In-vitro-Fertilisation gezeugten Babys im Jahr 1978 unter Einsatz von Reproduktionstechnologien zur Welt kamen“  (Hervorhebungen durch die Blogautorin)

Nun, während sogar andere Unternehmen jenseits des Pharmamarktes Kosten solcher Fertilitätsbehandlungen als Fertility Benefits übernahmen, hätte es ausgerechnet Merck wohl schlecht zu Gesichte gestanden, die sich für diese Behandlung als Marktführer bezeichnen und allein schon 50% der durch diese Behandlungen zur Welt gekommenen Kinder berühmen, bei der Kostenübernahme für ihre Mitarbeiter zurückzustehen? Spannend werden die eingangs angesprochenen Fragen aber nicht nur für die Arbeitsplatz-Situation, wenn Mitarbeiter davon Gebrauch machen und nach und bei Inanspruchnahme solcher nicht unerheblich hoher Beträge zusätzliche „Bedürfnisse“ im weitesten Sinne haben und äussern oder Ansprüche geltend machen, die rein arbeitsrechtlicher Natur wären. Und vielleicht nicht mehr bleiben, wenn solche – und sei es vertraglich vom Unternehmen gewährten Benefits – Vorteile auch zur Abhängigkeit (als Kehrseite des Vorteils und der Mitarbeiterbindung), Dankbarkeit gar führen können. Bewusst oder unbewusst, den Verbleib im Unternehmen daran geknüpft, weil und wenn und solange man diesen Benefit nutzen will, muss und kann – weil ein Jobwechsel auch bei nicht ausreichenden Karriereoptionen dann nicht mehr so leicht fiele.

So ganz altruistisch sind solche Benefits dann auch nicht. Und dabei haben wir noch nicht die Frage angesprochen, ob und welches Procedere damit verbunden ist, welche Daten- und Patienteninformationen mit dem Arbeitgeber und Unternehmen geteilt und diesem mitgeteilt werden müssen, um die Kostenübernahme zu erhalten. Oder – um ein ganz banales Beispiel zu nennen – gibt es „Bleibefristen“ oder „Rückzahlungsklauseln“, wenn der Mitarbeitende die Kosten für Fruchtbarkeitsbehandlungen erhalten hat (für seine eigene Fruchtbarkeitsbehandlung und/oder die des Partners für dessen/deren Fruchtbarkeitsbehandlung), aber im laufenden Jahr ausscheidet und zu einem anderen Unternehmen wechselt? Bei der Höhe der Summen solcher Behandlungen sollte man sich wundern, gäbe es keine Regeln entsprechend denen für andere Boni.

Und wie es sich verhielte, würde die Fertilitätsbehandlung nicht mit den therapeutischen Mitteln des sich als Marktführer bezeichnenden Unternehmens,, sondern einem konkurrierenden Pharmaunternehmen erfolgen.

Auch nicht uninteressant: Würde sich Mitarbeitender oder dessen Partnerin noch frei genug fühlen, die eines solchen zu nutzen und Merck dennoch dafür bezahlen zu lassen? Oder eine Partnerin eines Mitarbeitenden bei Merck dies so frei entscheiden können, wenn der Wannabe-Vater am Arbeitsplatz die Kosten eines anderen Unternehmens dann zur Übernahme geltend macht? Scheinbar, auf den ersten Blick so fürsorglich Familien oder Möchtegern-Eltern unterstützende Unternehmen werden da unter Umständen – auch unbeabsichtigt, das sei nicht ausgeschlossen – zu sehr weit eben in Privatleben und Privatentscheidungen von Patienten zu paternalistisch wirkenden Geldgebern einer gut gemeinten Hilfe, die sich auf Paare auswirken kann und deren mehr oder weniger dann freiwillige Entscheidungen in Patientenfragen und Arbeitsplatz-Auswirkungen weit über reine vertragliche Beziehungsebenen hinaus und hinein. Das sollte man dabei nicht ignorieren.

Über Liz Collet

Photographer, Author, Foodstylist, Jurist
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