BGH: Verhandlung gegen Ryanair u.a. wg. unangemessener Benachteiligung bei Ausschluss der Barzahlung

Keinen Fünfer wert?

So könnte man es pointiert formulieren: Ist Bargeld von Kunden bei Ryanair keinen Fünfer wert?

Und ergänzen: 1. Darf Ryanair die Barzahlung generell ausschliessen und 2. Kann Ryanair für die damit allein möglichen Kartenzahlung zusätzliche Gebühren verlangen?

Der  Bundesgerichtshof [ BGH, Az : Xa ZR 68/09] verhandelt am 20. Mai 2010 über die Revisionen beider Parteien in einem Rechtsstreit des klagenden Bundesverbandes der Verbraucherzentralen gegen das beklagte Luftverkehrsunternehmen Ryanair. Von diesen verlangt der Bundesverband der Verbraucherzentralen  die Unterlassung

der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen betreffend Zahlungsmodalitäten.

In diesen Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten ist geregelt, dass sie wegen der erhöhten Sicherheits- und Verwaltungskosten kein Bargeld für die Bezahlung von Flugscheinen, die Entrichtung von Gebühren sowie Kosten für die Beförderung von Übergepäck und Sportausrüstung akzeptiert. Nach der Gebührentabelle der Beklagten ist für Zahlungen mit Kreditkarte oder Zahlungskarte eine Gebühr von 4,00 € bzw. 1,50 € pro Fluggast und einfachem Flug zu entrichten. Gebührenfreie Zahlungen sind lediglich mit der Visa Electron-Karte möglich.

Der Kläger sieht hierin eine unangemessene Benachteiligung der Fluggäste.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, soweit in der Klausel die Möglichkeit zur Barzahlung ausgeschlossen wird, und die Klage hinsichtlich der Gebührenregelung für die Kartenzahlung abgewiesen. Das in der Berufungsinstanz zuständige Kammergericht hat umgekehrt entschieden, also die Verwendung der Gebührenregelung untersagt und die Klage gegen den Ausschluss der Barzahlung abgewiesen. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte, die ihre Leistungen überwiegend im Fernabsatz und ohne direkten Kundenkontakt in der Vertragsanbahnungsphase anbiete, mit dem Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit einen erheblichen und wirtschaftlich sinnvollen Rationalisierungserfolg erzielen könne. Die Kunden erlitten umgekehrt dadurch keine Nachteile, die als unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB zu bewerten seien. Dagegen hielten die Gebührenregelungen einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand. Da die Kunden für jegliche Zahlungsart eine zusätzliche Gebühr entrichten bzw. für den Erwerb einer ohne zusätzlichen Gebührenanfall einsetzbaren Visa Electron-Karte sonstige Verpflichtungen eingehen müssten, hätten sie keine Möglichkeit, ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Zahlung des Flugpreises gebührenfrei nachzukommen. Mit der Gebührenerhebung wälze die Beklagte die Kosten ihrer eigenen gesetzlichen Verpflichtung zur Annahme der Gegenleistung einseitig auf ihre Kunden ab, ohne diesen gegenüber eine gesonderte Leistung zu erbringen. Derartige Entgeltregelungen seien mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes nicht vereinbar und benachteiligten die Kunden der Beklagten in unangemessener Weise.

Mit den beiderseitigen Revisionen verfolgen beide Parteien ihr jeweiliges Begehren in vollem Umfang weiter.

Quelle: BGH, Az : Xa ZR 68/09, Vorinstanzen : LG Berlin – Urteil vom 5. November 2008 – 4 O 290/08; KG Berlin – Urteil vom 30. April 2009 – 23 U 243/08

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